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Der Reformator der Schweiz
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Freund des evangelischen Glaubens sandte einen gewissen Lucian
mit etlichen Büchern Luthers nach Zürich. Er sah in der Verbrei-
tung solcher Bücher ein mächtiges Mittel zur Förderung des Lichtes
und schrieb Zwingli: „Wenn nun dieser Lucian Klugheit und Ge-
schmeidigkeit genügend zu haben scheint, so muntere ihn auf, daß
er Luthers Schriften, vor allem die für Laien gedruckte Auslegung
des Herrn Gebets, in allen Städten, Flecken, Dörfern, auch von Haus
zu Haus verbreite. Je mehr man ihn kennt, desto mehr Absatz hat
er. Doch soll er sich hüten, gleichzeitig andere Bücher zu verkaufen,
denn je mehr er gezwungen ist, nur diese anzupreisen, eine desto
größere Menge solcher Bücher verkauft er.
Auf diese Weise fand
das Licht Eingang in die Herzen vieler Menschen.
Doch wenn Gott sich anschickt, die Fesseln der Unwissenheit
und des Aberglaubens zu sprengen, dann wirkt auch Satan mit größ-
ter Macht, die Menschen in Finsternis zu hüllen und ihre Bande
noch fester zu schmieden. In verschiedenen Ländern erhoben sich
Männer, um den Menschen die freie Vergebung und Rechtfertigung
durch das Blut Christi zu verkündigen. Rom aber begann mit erneu-
erter Tatkraft in der ganzen Christenheit seinen Handel, Vergebung
gegen Geld feilzubieten.
Jede Sünde hatte ihren Preis, und den Menschen wurde volle
Freiheit für grobe Vergehen gewährt, wenn damit nur der Schatzka-
sten der Kirche wohl zu füllen war. So schritten beide Bewegungen
voran, die eine bot Freisprechung von Sünden durch Geld, die andere
Vergebung durch Christus. Rom erlaubte die Sünde und machte sie
zu einer Quelle seiner Einnahmen; die Reformer verurteilten die
Sünde und wiesen auf Christus hin als den einzigen Versöhner und
Befreier.
In Deutschland war der Verkauf von Ablässen den Dominika-
nermönchen anvertraut worden, wobei Tetzel eine berüchtigte Rolle
spielte. In der Schweiz lag der Handel in den Händen der Franzis-
kaner und wurde von Samson, einem italienischen Mönch, geleitet.
Samson hatte der Kirche bereits gute Dienste geleistet, als von ihm in
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Deutschland und in der Schweiz ungeheure Summen für die Schatz-
kammer des Papstes gesammelt worden waren. Jetzt durchreiste er
die Schweiz unter großem Zuzug, beraubte die armen Landsleu-
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Zwingli, Bd. VII, 81. (2.7.1519)