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Der große Kampf
daß die Jungfrau von nun an von allen [!] Christen noch mehr verehrt
und angerufen werde.“
Der polnische Papst Johannes Paul II. hat sich bisher als ein
vehementer Verfechter der Mariologie erwiesen. Er kommt damit
freilich einem weitverbreiteten Bedürfnis innerhalb der katholischen
Kirche entgegen. So haben allein aus den fünf südamerikanischen
Ländern Chile, Peru, Ecuador, Kolumbien und Venezuela 3 Kar-
dinäle, 33 Erzbischöfe, 110 Bischöfe, 146 Prälaten, 938 Priester, 118
Ordensbrüder, 1684 Ordensschwestern und Tausende von Laien den
Papst gebeten, das Dogma von Maria als Miterlöserin zu verkünden.
Zweifellos gebühren der Maria als Mutter des Herrn Liebe und
Dankbarkeit. Sie ist das Gefäß, in dem das Wort Fleisch wurde.
Was man jedoch in die Gestalt der Mutter Jesu hineinlegte, hat in
der Heiligen Schrift keinen Grund. Das Neue Testament, das völlig
christozentrisch orientiert ist, weiß wenig von Maria zu berichten,
von ihrem Ende und von ihrer Himmelfahrt überhaupt nichts. Selbst
unter den Zeugen der Auferstehung wird sie nicht genannt. Sie ist
hier weder Gottesmutter noch Himmelskönigin, sondern schlichte
Magd. Der biblische Bericht von der jungfräulichen Geburt will
nichts anderes sein als ein Ausdruck für die einzigartige Bedeutung
der geheimnisvollen Person Jesu Christi. Er ist mehr eine Aussage
über Jesus selbst als über Maria. Christus ist auch der Heiland der
Maria. Da aber Maria
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als Symbol der katholischen Kirche verstanden wird, ergibt sich
die Folgerung: je mehr Maria in der Verehrung steigt, um so glorrei-
cher sieht sich auch die katholische Kirche selbst.
Quellen: Walther von Loewenich, Der moderne Katholizismus,
1955; Hans Asmussen, Maria, die Mutter Gottes, 1950; P. Bernar-
dus, „Katholische Kirche, wohin gehst du?“ in Ökumenische Einheit
II, 2, 88ff.; Gerhard Ebeling, „Zur Frage nach dem Sinn des Ma-
riologischen Dogmas“ in Zeitschrift für Theologie und Kirche, 47,
1950, Heft 3, 383ff.; Edmund Schlink, Evgl. Gutachten zur Dog-
matisierung der leiblichen Himmelfahrt Mariens, München/Berlin,
1950; Walter Künneth, Christus oder Maria, Berlin-Spandau, 1950;
Bernhard Ritter, „Das römische Mariendogma“ in Evangelische Jah-
resbriefe, 16, 1951/52, 8ff.; Hermann Volk, Das neue Mariendogma,
Münster, 1951; Karl Rahner, Das „Neue“ Dogma, Herder/Wien,
1951; Otto Semmelroth, Das neue Dogma im Widerstreit, Würzburg,