Kapitel 23: Was ist das Heiligtum?
Die Bibelstelle, die vor allen andern die Grundlage und der
Hauptpfeiler des Adventglaubens war, ist die in
Daniel 8,14
gegebe-
ne Erklärung: „Bis zweitausenddreihundert Abende und Morgen um
sind; dann wird das Heiligtum wieder geweiht werden.“ Dies waren
allen denen vertraute Worte, die an das baldige Kommen des Herrn
geglaubt hatten. Von tausenden Lippen klang diese Weissagung als
das Losungswort ihres Glaubens. Alle fühlten, daß von den darin
dargelegten Ereignissen ihre strahlendsten Erwartungen und liebsten
Hoffnungen abhingen. Sie hatten gezeigt, daß diese prophetischen
Tage im Herbst des Jahres 1844 zu Ende gingen. Mit der übrigen
christlichen Welt glaubten die Adventisten, daß die Erde oder ein
Teil von ihr das Heiligtum sei und daß die Weihe des Heiligtums
die Reinigung der Erde durch das Feuer des letzten großen Tages
bedeutete und bei der Wiederkunft Christi stattfände. Daraus ent-
stand die Schlußfolgerung, daß Christus im Jahre 1844 auf die Erde
zurückkehren würde.
Aber die festgesetzte Zeit war vorübergegangen und der Herr
— nicht erschienen. Die Gläubigen wußten, daß das Wort Gottes
nicht irren konnte; ihre Auslegung der Weissagung mußte also auf
falscher Fährte sein; aber wo steckte der Fehler? Viele zerhieben
voreilig diese Schwierigkeit, indem sie in Abrede stellten, daß die
zweitausenddreihundert Tage im Jahre 1844 endeten. Dafür konnten
sie jedoch keinen andern Grund anführen als den, daß Christus nicht
zu der Zeit gekommen war, da sie ihn erwartet hatten. Sie schlossen
daraus, daß, wenn die prophetischen Tage im Jahre 1844 zu Ende
gegangen wären, Christus dann gekommen sein würde, um durch
die Läuterung der Erde mit Feuer das Heiligtum zu reinigen, und
daß, weil er nicht gekommen sei, die Tage auch nicht verstrichen
sein könnten.
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Durch Annahme dieser Schlußfolgerung verwarfen sie die ehe-
malige Berechnung der prophetischen Zeitangaben. Wie man ge-
funden hatte, fingen die zweitausenddreihundert Tage an, als das
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