Seite 103 - Der gro

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Hus und Hieronymus
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Kapelle sah das Predigen der Heiligen Schrift in der Landessprache
als außerordentlich wichtig an. Obwohl dieser Brauch den schärf-
sten Widerstand Roms hervorrief, war er doch in Böhmen nicht
völlig eingestellt worden. Dennoch blieb die Unkenntnis der Heili-
gen Schrift groß, und die schlimmsten Laster herrschten unter den
Menschen aller Klassen. Schonungslos trat Hus diesen Übelständen
entgegen, indem er sich auf das Wort Gottes berief, die Grundsätze
der Wahrheit und Reinheit durchzusetzen, welche er einschärfte.
Ein Bürger von Prag, Hieronymus, der sich später so innig mit
Hus verband, hatte bei seiner Rückkehr aus England Wiklifs Schrif-
ten mitgebracht. Die Königin von England, die sich zu Wiklifs
Lehren bekannte, war eine böhmische Prinzessin, und durch ihren
Einfluß wurden die Schriften des Reformators auch in ihrem Heimat-
land weit verbreitet. Mit größtem Interesse las Hus diese Werke; er
hielt den Verfasser für einen aufrichtigen Christen und war geneigt,
die Reform, die dieser vertrat, wohlwollend zu betrachten. Schon
hatte Hus, ohne es zu wissen, einen Pfad betreten, der ihn weit von
Rom wegführen sollte.
Ungefähr um diese Zeit kamen in Prag zwei Freunde aus Eng-
land an, Gelehrte, die das Licht empfangen hatten und in diesem
entlegenen Land verbreiten wollten. Da sie mit einem offenen An-
griff auf die Oberherrschaft des Papstes begannen, wurden sie von
den Behörden zum Schweigen gebracht; weil sie aber nicht willens
waren, ihre Absicht aufzugeben, nahmen sie Zuflucht zu andern Mit-
teln. Sie waren sowohl Prediger als auch Künstler und versuchten
es mit ihrer Geschicklichkeit. An einem dem Volke zugänglichen
Ort zeichneten sie zwei Bilder: eins stellte Jesus bei seinem Einzug
in Jerusalem dar, sanftmütig und auf einem Esel reitend (
Matthäus
21,5
), gefolgt von seinen Jüngern, barfuß und mit von der Reise
abgetragenen Kleidern. Das andere Bild zeigte eine päpstliche Pro-
zession — den Papst bekleidet mit seinen reichen Gewändern und
der dreifachen Krone, auf einem prächtig geschmückten Pferd sit-
zend; vor ihm her gingen Trompeter, und hinter ihm folgten die
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Kardinäle, Priester und Prälaten in verwirrender Pracht.
Das war eine Predigt, die die Aufmerksamkeit aller Klassen auf
sich zog. Ganze Scharen kamen herbei, um die Zeichnungen anzu-
staunen. Niemandem blieb die darin enthaltene Lehre verborgen,
und auf viele machte der große Unterschied zwischen der Sanftmut