184
Der große Kampf
dann die Boten nach Baden zurück. Um der Wachsamkeit der an den
Stadttoren postierten Hüter zu entgehen, trugen sie auf ihren Köpfen
Körbe mit Federvieh und konnten so ungehindert durchgehen.
Auf diese Weise kämpfte Zwingli mit seinen verschlagenen Geg-
nern. „Er hat“, schreibt Myconius, „während des Gesprächs durch
Nachdenken, Wachen, Raten, Ermahnen und Schreiben mehr gear-
beitet, als wenn er der Disputation selbst beigewohnt hätte.
Die Römlinge hatten sich im Vorgefühl ihres vermeintlichen Tri-
umphes in ihren schönsten Kleidern und funkelndsten Juwelen nach
Baden begeben. Sie lebten schwelgerisch; ihre Tafeln waren mit
den köstlichsten Leckerbissen und ausgesuchtesten Weinen besetzt.
Die Last ihrer geistlichen Pflichten wurde durch Schmausen und
Lustbarkeiten erleichtert. In bezeichnendem Gegensatz dazu erschie-
nen die Reformatoren, die vom Volk kaum höher angesehen wurden
denn eine Schar von Bettlern, und deren anspruchslose Mahlzeiten
sie nur kurze Zeit bei Tische hielten. Ökolampads Hauswirt, der den
Anhänger Zwinglis auf seinem Zimmer zu überwachen suchte, fand
ihn stets beim Studium oder im Gebet und sagte sehr verwundert:
„Man muß gestehen, das ist ein sehr frommer Ketzer.
Bei der Versammlung betrat Eck „eine prächtig verzierte Kanzel,
der einfach gekleidete Ökolampad mußte ihm gegenüber auf ein
grobgearbeitetes Gerüste treten“
Ecks mächtige Stimme und unbe-
grenzte Zuversicht ließen ihn nie im Stich. Sein Eifer wurde durch
die Aussicht auf Gold und Ruhm angespornt, war doch dem Vertei-
diger des Glaubens eine ansehnliche Belohnung zugesichert. Wo es
ihm an besseren Belegen mangelte, überschrie er seinen Gegner und
griff zu Schimpf-und Schandworten.
Der bescheidene Ökolampad, der kein Selbstvertrauen hatte, war
vor dem Streit zurückgeschreckt und erklärte am Anfang feierlich,
daß alles nach Gottes Wort als Richtschnur ausgemacht werden
[184]
sollte. Sein Auftreten war bescheiden und geduldig, doch erwies
er sich als fähig und tapfer. „Eck, der mit der Schrift nicht zurecht-
kommen konnte, berief sich immer wieder auf Überlieferung und
Herkommen. Ökolampad antwortete: ‚Über allen Übungen steht in
1
Zwingli, Bd. VII, 517; Myconius, „Zwingli“, 10
1
D‘Aubigné, „Geschichte der Reformation“, 11.Buch, 13.Abschnitt, 271; Bullinger,
„Reformationsgeschichte“, Bd. I, 351
1
D‘Aubigné, ebd., 270