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Der Arzt ein Erzieher
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erreicht er durch seine Arbeit nicht, was er erreicht sehen möchte.
Obgleich seinen Patienten die Gesundheit wiedergeschenkt wird,
mag es weder für sie noch für die Welt von wirklichem Nutzen
sein. Viele werden gesund, nur um die Ausschreitungen zu wieder-
holen, wodurch die Krankheit entstand. Mit demselben Eifer wie
vorher stürzen sie sich wieder in den Strudel der Selbstbefriedigung
und Torheit. Das Werk des Arztes scheint für sie eine vergebliche
Bemühung gewesen zu sein.
Christus machte dieselbe Erfahrung, aber er stellte seine Bemü-
hungen für eine leidende Seele nicht ein. Von den zehn Aussätzigen,
welche gereinigt wurden, schätzte nur einer die Gabe und er war ein
Fremder und ein Samariter. Um dieses einen willen heilte Christus
die zehn. Wenn der Arzt keinen besseren Erfolg hat als der Heiland
hatte, so laßt ihn eine Lehre von dem großen Arzt lernen. Von Chri-
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sto steht geschrieben: „Er wird nicht matt werden, noch verzagen.“
„Darum, daß seine Seele gearbeitet hat, wird er seine Lust sehen und
die Fülle haben.“
Jesaja 42,4
;
Jesaja 53,11
.
Wenn auch nur eine Seele das Evangelium seiner Gnade an-
genommen hätte, so würde Christus, um diese eine zu retten, sein
Leben der Arbeit und Demütigung und seinen schmachvollen Tod
erwählt haben. Wenn durch unsere Bemühungen eine Seele aufge-
richtet und veredelt wird, zubereitet, im Himmel vor dem Herrn zu
scheinen, haben wir dann nicht Ursache zur Freude?
Persönliche Bedürfnisse und Gefahren
Die Pflichten des Arztes sind schwer und aufreibend. Um die-
selben erfolgreich erfüllen zu können, bedarf es einer starken Kon-
stitution und einer guten Gesundheit. Ein Mann, welcher schwach
oder kränklich ist, kann die angreifende Arbeit des ärztlichen Berufs
nicht ertragen. Jemand, dem vollkommene Selbstbeherrschung fehlt,
ist nicht dazu geeignet, mit allen Arten von Krankheit umzugehen.
Oft des Schlafes beraubt, oft auch der Zeit, Nahrung zu sich zu
nehmen, in hohem Grade von geselligen Erholungen und religiösen
Vorrechten abgeschnitten, scheint das Leben des Arztes unter be-
ständigen Schatten dahin zu gehen. Die Leiden, welche er sieht, die
armen Sterblichen, die nach Hilfe verlangen, seine Berührung mit