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Anmerkungen
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wichtigen Brief geschrieben, und du solltest nicht begierig sein,
denselben zu lesen?“
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Trotz dieser Zeugnisse war das Lesen der Heiligen Schrift in der
Landessprache lange Jahrhunderte verboten. Noch in den letzten
zwei Jahrhunderten haben sich Päpste scharf gegen die Verbrei-
tung und das Lesen der Bibel ausgesprochen. Gregor XIV. forderte
1844 in einer Bulle die Geistlichen auf, den Gläubigen die in die
Volkssprache übersetzten Bibeln aus den Händen zu reißen!
Eine gewisse Wendung wurde erst unter Leo XIII. wahrnehmbar.
Approbierte Bibelausgaben des Urtextes und der alten katholischen
Übersetzung wurden jedem gestattet. Nichtkatholische Bibeln —
und das gilt heute noch — durften nur zu wissenschaftlichen Studien
benutzt werden, falls in den Vorreden und Anmerkungen nichts ge-
gen die katholischen Glaubenssätze gesagt war. Katholiken durften
die Bibel in der Volkssprache nur lesen, wenn sie vom Papst gebil-
ligt, vom Bischof genehmigt und mit Anmerkungen versehen war.
Den protestantischen Übersetzungen warf man Verfälschung vor!
Diese Einschränkungen galten praktisch bis in das 20. Jahrhundert.
Trotz aller Hemmnisse und Widerstände kann man in der ka-
tholischen Kirche der letzten Jahrzehnte eine starke Bewegung zur
Bibel hin beobachten. 1933 wurde eine katholische Bibelbewegung
gegründet, und Pius XII. hat sich 1943 in seiner Enzyklika „De
divino afflante spiritu“ zu den Bestrebungen der Bibelbewegung
bekannt. Ziel der Bewegung ist die Verbreitung der Bibel und die
Förderung ihres Verständnisses.
Auch nach dem zweiten Vatikanischen Konzil breitete sich die
Bibelbewegung weiter aus. Zwar spielt die Bibel in der katholischen
Kirche nicht die gleiche exklusive Rolle wie in den Kirchen der
Reformation, doch war vor allem während des Konzils das Bestre-
ben der meisten Konzilsväter unverkennbar, den Konzilstexten eine
biblische Grundlage zu geben, ohne daß der Papst an der gültigen
katholischen Auffassung hätte rütteln lassen, daß die Schrift nur
durch die Kirche interpretiert werden kann, wiewohl eine Reihe von
Konzilsvätern, wie zum Beispiel Kardinal Léger, gefordert hatten,
daß das Lehramt eindeutig dem Wort Gottes unterzuordnen sei.
In der Konstitution über die Offenbarung Nr. 25, die auf dem
zweiten Vatikanischen Konzil beschlossen wurde, heißt es unter
anderem: „Darum müssen Kleriker, besonders Christi Priester und