Seite 64 - Das Leben Jesu (1973)

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Kapitel 8: Auf dem Passahfest
Auf der Grundlage von
Lukas 2,41-51
.
Die Juden betrachteten das zwölfte Lebensjahr als Grenze zwi-
schen Kindheit und Jugend. Der hebräische Knabe wurde nach
Vollendung dieses Lebensjahres ein Sohn des Gesetzes und auch
ein Sohn Gottes genannt. Er konnte sich während dieser Zeit be-
sonders viel mit den jüdischen Lehren beschäftigen, wie man auch
eine rege Beteiligung an den heiligen Festen und Gebräuchen von
ihm erwartete. Es stand also völlig mit den üblichen Gewohnheiten
in Einklang, daß Jesus im Knabenalter das Passahfest in Jerusalem
besuchte. Wie alle andächtigen Israeliten gingen Joseph und Maria
jedes Jahr nach der Hauptstadt, um der Passahfeier beizuwohnen.
Und als Jesus das geforderte Alter erreicht hatte, nahmen sie ihn
mit.
Es waren jährlich drei Feste, zu denen alle männlichen Israeliten
in Jerusalem vor dem Herrn erscheinen mußten: zum Passahfest,
zum Pfingstfest und zum Laubhüttenfest. Von diesen großen Festen
wurde das Passahfest am meisten besucht. Aus allen Ländern, in
denen Juden verstreut lebten, kamen sie. Auch aus den einzelnen
Gegenden Palästinas strömten die Anbetenden zum Fest. Die Reise
von Galiläa nach Jerusalem nahm mehrere Tage in Anspruch; die
jüdischen Pilger schlossen sich unterwegs zu Gruppen zusammen,
damit sie nicht allein zu wandern brauchten und sich so besser schüt-
zen konnten. Frauen und Greise legten den oft steilen und felsigen
Weg auf Ochsen oder Eseln zurück. Die kräftigeren Männer und die
Jugend reisten zu Fuß. Nach unserer Jahresrechnung fiel das Passah-
fest in die Frühlingszeit, Ende März oder Anfang April; das ganze
Land blühte und duftete, und der Gesang der Vögel verlieh allem
einen heiteren Glanz. Den ganzen Reiseweg entlang trafen sie auf
immer neue denkwürdige Orte aus der Geschichte Israels. Die Eltern
erzählten dann ihren Kindern deren Geschichte und berichteten von
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den Wundertaten Gottes an seinem Volk in der Vergangenheit. Auch
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